Wo der Mut, sich Hilfe zu holen, belohnt wird. Mein Erfahrungsbericht mit sMUTje

In Hamburg dauert alles ein bisschen länger. Das habe ich in den anderthalb Jahren seit meinem Start in der neuen Stadt gelernt. Behördengänge, die scheinbar endlose Wohnungssuche und für manche auch das Warten auf einen geeigneten Therapieplatz. Noch optimistisch begann ich kurz nach einer ersten Orientierungsphase das wohl vielen bekannte Abtelefonieren von Therapeutenlisten. Zwei Listen unterschiedlicher Beratungsstellen, ein knappes Dutzend Erstgespräche, sowie ein Zwischenstopp in der Tagesklinik später bin ich immer noch an einem Punkt, an dem ich längst nicht mehr sein wollte – nämlich ohne professionelle Begleitung meine Essstörung aushaltend.

Schließlich ist es der Zufall, der mich zu sMUTje nach Stellingen führt. So legte mir eine der vielen Erstgesprächs-Therapeuten bei gleichzeitiger Absage nah, mich über ein Gruppenangebot jugendlicher Betroffener mit Essstörung zu informieren. Auch wenn ich durch diverse Klinikaufenthalte Gruppentherapien (möglicherweise unbegründet) kritisch gegenüberstehe, fahre ich dann doch zu einer offenen Sprechstunde in die Räumlichkeiten im Wördemanns Weg. Und werde in einem Beratungsgespräch mit einer Sozialpädagogin zum ersten Mal in Hamburg richtig aufgefangen. Aufgrund meiner 21 Jahre (die Gruppe wird für 16 bis 21-jährige angeboten) entscheiden wir uns gemeinsam schließlich gegen das Gruppenangebot, jedoch bietet mir die Sozialpädagogin bei Smutje Überbrückungs-Sitzungen bis zu einem „richtigen“ Therapieplatz an.

Die Gewissheit, in regelmäßigem Abstand mit einer Person des Vertrauens sprechen zu können, ist in einer akuten Phase der psychischen Erkrankung unersetzbar. Dem werden mir viele ebenfalls Betroffene zustimmen. Etwa vier Monate halfen mir die Gespräche bei sMUTje, bestimmte Alltagssituationen zu meistern, mein Verhalten immer weiter zu ergründen und auch, mit bedeutenden und schwierigen Entscheidungen zurechtzukommen. Zudem ermutigte die Sozialpädagogin mich, an einem Durchlauf von Eat Breathe Yoga (EBY) teilzunehmen, einem sehr empfehlenswerten Yoga-Angebot für Betroffene von Essstörungen.

Inzwischen ist ein Jahr vergangen und ich blicke sehr dankbar auf diese Zeit zurück. Knapp sieben Jahr nach Beginn meiner unterschiedlich ausgeprägten Essstörungsgeschichte kann ich endlich behaupten, dass ich es geschafft habe. Die Essstörung wird nie ganz verschwinden und alle paar Wochen beschleichen mich altbekannte Symptome. Doch durch viel Zeit und Energie, die ich in Therapie gesteckt habe und die mir in gleichem Maß zurückgegeben wurde, weiß ich, wie ich damit umgehen kann. Deshalb möchte ich allen Betroffenen dringend ans Herz legen, sich Hilfe zu holen. Es gibt großartige Menschen, die mit Fachwissen, Erfahrung und Geduld alles dafür geben, uns zu helfen. Nehmt diese Hilfe an, denn euer Mut wird belohnt werden mit einem Leben frei von dem, was euch heute noch zurückhält.

 

Sarah, 22 Jahre

 

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